Oktober 25, 2010

Strukturierter Dialog Bulgarien-EU - Der Fall "Donaustrategie"

Nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäniens 2007 in die EU und dem Wegfall des Visaregimes für Kroatien und Serbien ist die Donau zum Ausdruck der europäischen Einheit geworden. Mit 38 angrenzenden Regionen und einer Bevölkerung von über 75 Millionen Einwohnern gehört die Donauregion zu einer der größten Regionen in der EU. Über 1000 km stellen Staatsgrenzen dar, über 500 km bildet die Donau die Staatsgrenze zwischen Bulgarien und Rumänien. Und nur eine seit 1954 gebaute zwischen der bulgarischen Stadt Russe und der rumänischen Giurgiu Brücke verbindet beide Länder. Die Donau trennt und verbindet nicht und dieses soll sich ändern. Und die Donaustrategie der EU stellt eine Herausforderung für Bulgarien dar, dies zu verändern.

Grenzüberschreitende Probleme wie Umwelt und Ökologie, Migration, Transport und Verkehr, Energie verlangen oftmals Antworten nicht nur auf europäischer, sondern auch auf regionaler Ebene. In diesem Zusammenhang wird europäische Politik, in diesem Fall die Donaustrategie, auf ineinandergreifende Handlungssystemen reguliert, so dass kein einheitliches Machtzentrum entsteht, sondern wird die Macht auf allen Ebenen verteilt: europäischer, nationalstaatlicher und regionaler Ebene.

Die Europäische Kommission (der Kommissar für Regionalpolitik Johannes Hahn) soll die Donaustrategie leiten, ohne dass zusätzliche EU-Institutionen und Finanzquellen geschaffen werden. In der Ausarbeitung und  Auswertung von Vorschlägen berücksichtigt die EU alle Entscheidungsebenen - regional, national und europäisch, so dass sich alle involvierten Akteure formal gleichberechtigt gegenüberstehen, jedoch über unterschiedliche Verhandlungsmacht und Konkurrenzfähigkeit verfügen. Ein einheitliches Ziel steht am Ende der Verhandlungen, in dem Defizite kompensiert und nicht nur notwendige Alternativen dargestellt werden.

Aber welche Möglichkeiten bietet die Struktur der EU an, eigene Vorschläge in die Erarbeitung der Donaustrategie einzubringen? Welche Plattformen nutzt Bulgarien, welche Kompetenzen und Ressourcen besitzt die bulgarische Regierung, welchen Zugang zu politischen Entscheidungsarenen hat Bulgarien, um kollektiv verbindliche Regelungen für die Donauregion zu verabschieden und zu implementieren?

Um auf diese Fragen eine Antwort zu geben, soll zuallererst die Frage beantwortet werden, welche Akteure auf allen drei Ebenen der politischen Entscheidungsfindung - europäisch, nationalstaatlich und regional - entscheidend dazu beitragen, die Europäische Donaustratgie auszuarbeiten und voranzutreiben.
  • Auf europäischer Ebene: Ausschuss der Regionen, das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union;
  • Auf nationalstaatlicher Ebene: ein Netzwerk aus Ministerien, das das bulgarische Ministerium für regionale Entwicklung leitet;
  • Auf regionaler Ebene: Bürgerforen, Donau-Anrainer Städte, Gemeinden und Kommunen auf bulgarischer Seite und ihre Zusammenarbeit mit den Donau-Anrainer Städten, Gemeinden und Kommunen auf rumänischer Seite.  
Diese Akteure stehen in einer wechselseitigen Beziehung, die im folgenden Diagramm dargestellt ist:

Regulierung der Europäischen Donaustrategie auf übergreifenden Ebenen und der Beitrag Bulgariens. Autor: Hr. Hrisoskulov. All Rights reserved!
Das Ziel des Netzwerks ist es, einen Weg zu finden, der die Entscheidungen von unten nach oben beeinflusst (bottom-up). "Bulgarien kann stolz auf seinen Ansatz "von unten nach oben" im Prozess der Vorbereitung und der konkreten Arbeit sein", sagte der bulgarische Minister für regionale Entwicklung Rossen Plewneliew in Bezug auf die geleistete Arbeit in der Interaktion zwischen der EU und den regionalen Körperschaften.

Was leistete Bulgarien konkret?

Bulgarien stellte einen konkreten Aktionsplan vor, der ein breites Themenspektrum beinhaltet:  Verbesserung der Zugänglichkeit, der Transport- und Kommunikationsverbindungen, der Wasserqualität und des Schutzes der Biodiversität, wie Risikomanagement und verantwortungsvolles Regieren, Sicherheit und Energie.  Für die Ausarbeitung der bulgarischen Position gründete das Ministerium für regionale Entwicklung eine interinstitutionelle Gruppe unter dem Motto Potenzial ausloten. Repräsentanten aus der Wirtschaft und Wissenschaft, den Zivilorganisationen und der kommunalen Verwaltung (Assoziation der Donaugemeinden) nahmen an der Ausarbeitung der Position teil. Die Assoziation der Donaugemeinden urteilte die Zusammenarbeit mit dem Ministerium als gelungen und forderte klar die Regierung auf, die Gemeinschaftsprojekte mit Rumänien voranzutreiben.

Die Akteure auf der regionalen Ebene hatten auch die Möglichkeit, andere Entscheidungswege zur Beeinflussung europäischer Politik einzuschlagen. Der Vertrag von Lissabon wertete die Stellung des Ausschusses der Regionen (AdR) auf, der vom Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden soll. So nimmt der Oberbürgermeister der größten regionalen Körperschaft, der Stadt Russe, an der Interregionalen Gruppe für die Donaustrategie im AdR teil, die ihre Arbeit am 30. Januar 2009 aufnahm. Den größten Erfolg verzeichnete der AdR, als im Juni 2009 der Europäische Rat die Europäische Kommission aufforderte, die Donaustrategie bis Ende 2010 auszuarbeiten. Im Dezember 2010 soll die Kommission eine entsprechende Mitteilung annehmen.

Der Prozess der Vorbereitung der Strategie "von unten nach oben" trat ebenfalls in Erscheinung, als die bulgarischen Abgeordneten im Europäischen Parlament Maria Nedeltscheva (Europäische Volkspartei) und Ivailo Kalfin (Progressive Allianz der Sozialdemokraten) an dem vom Europäischen Parlament organsierten Bürgerforum Europäische Strategie für die Donauregion mit der breiten Öffentlichkeit in Russe zusammentrafen. Das Informationsbüro des Europäischen Parlaments für Bulgarien warb für die Veranstaltung im sozialen Netzwerk Facebook  und bat eine interaktive Möglichkeit an, dies im Internet zu verfolgen.

Die Fraktion der Europäischen Volkspartei wählte Frau Nedeltscheva als Rapporteurin für die Donaustratgie. Die Einsetzung von Rapporteuren im Parlament für bestimmte Themenbereiche beeinflusst zusätzlich die politische Entscheidungsfindung. Ihre Berichterstattung richtet sich nicht nur an Kommission und Rat, sondern auch an andere parlamentarische Ausschüsse. Der Fakt, dass die größte Fraktion im Europäischen Parlament eine bulgarische Abgeordnete mit dieser Aufgabe vertraute, spricht für die Aufwertung der bulgarischen Standpunkte im Europäischen Parlament.

Die bulgarische Seite nutzte desweiteren die von der Europäischen Kommission geschaffene Plattform, um seine Vorstellungen für die Donaustrategie entscheidend zu unterbreiten und durchzusetzen. So trafen sich am 1. und 2. Februar 2010 in Ulm (Deutschland) Mitglieder der EU-Institutionen, Repräsentanten der Mitgliedsstaaten und andere Akteure, um über die Bedeutung und den Wertezuwachs der Region für die Europäische Union in Themen wie Transport, Energie, Umwelt und Katastrophen, sozio-ökonomische Entwicklung, Bildung u.a. zu beraten. Es folgten vier weitere Konferenzen: 25.-26. Februar 2010 in Budapest (Rumänien); 19.-21. April 2010 in Wien (Österreich) und Bratislawa (Slowakei); 10.-11. Mai 2010 in Russe (Bulgarien); 9.-11. Juni 2010 in Konstanza (Rumänien).

Die operative Ebene der EU Ratspräsidentschaft ist die nächste Stufe, die in Anspruch genommen werden sollte, um eigene Impulse und politische Inputs auf der EU-Agenda der künftigen Entwiclkung der Donaustrategie zu setzen. Schon im Rahmen der spanischen und belgischen Ratspräsidentschaften in 2010 stetzte sich Bulgarien nachdrücklich für die Vertiefung der regionalen Zusammenarbeit und speziell in der Donauregion. Nach 2011 übernehmen fünf Donauanrainer-Staaten die EU Ratspräsidentschaft: Ungarn - 2011, die Slowakei - 2016, Bulgarien - 2018, Österreich und Ungarn - 2019. In diesem Zusammenhang setzt die bulgarische Regierung unter Boyko Borissov auf die bilaterale Zusammenarbeit mit Österreich, Ungarn und Rumänien, aber auch auf den wichtigsten Wirtschaftsmotor der EU - Deutschland.


Was erwartet Bulgarien für die Zukunft?

Auch wenn Bulgarien wichtige Fortschritte unternahm, um auf die Ausarbeitung der Donaustrategie auf allen Ebenen einzuwirken, stehen weitere wichtige organisatorische Impulse und programmrelevante Aspekte offen:
  • Die Etablierung der Stadt Russe als die wichtigste regionale Körperschaft in der bilateralen Zusammenarbeit mit Rumänien;
  • Übernahme von Führungsarbeit in Themenbereichen wie Tourismus, denn dieser Sektor erwirtschaftet heute einen wichtigen Anteil des bulgarischen Bruttoinlandsproduktes;
  • Finanzierungsmöglichkeiten und die Schaffung eines separaten Finanzierungsfonds: Nach dem jetzigen Stand ist ein solcher Fonds nicht vorgesehen Die Entstehung einer neuen Großregion in der Europäischen Union könnte viel Argwohn und Misstrauen in anderen Mitgliedsstaaten mit sich bringen. Vor allem wenn neue Finanzierungsquellen in andere Regionen gelenkt werden. Aus diesem Grund ist eine ausgewogene und mehrmals durchdachte Strategie notwendig, um effiziente Lobbyarbeit in der Europäischen Kommission und bei allen Partnern in der EU zu betreiben;
Die Donaustrategie bietet ein enormes Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung einer der ärmsten Regionen nicht nur in Bulgarien, sondern auch in der EU, für  den Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit mit Rumänien und weiteren Donauanrainern, für mehr Sichtbarkeit bulgarischer Außenpolitik in der Region und in der EU, für mehr Einbeziehung der untersten - regionalen - Ebene in die politische Entscheidungsfindung.
www.tips-fb.com

5 Kommentare:

EU21Global hat gesagt…

EU's 'Danube strategy' aims to double salaries (link: http://waz.euobserver.com/887/31169)

EU21Global hat gesagt…

Сключваме споразумение за учредяването на „Дунавски компетентен център“ (Link: http://www.infotourism.net/news.php?newsid=26872

EU21Global hat gesagt…

Danube strategy aims to increase river cargo traffic (Link: http://waz.euobserver.com/887/31219)

EU21Global hat gesagt…

БОЙКО БОРИСОВ: БЪЛГАРИЯ Е ГОТОВА ДА БЪДЕ ВОДЕЩ КООРДИНАТОР НА ДЕЙНОСТИТЕ ПО ПРИОРИТЕТНА ОС „РАЗВИТИЕ НА ТУРИЗМА И КУЛТУРЕН ДИАЛОГ” НА ДУНАВСКАТА СТРАТЕГИЯ

(Link: http://www.government.bg/cgi-bin/e-cms/vis/vis.pl?s=001&p=0213&n=260&g=)

EU21Global hat gesagt…

Funds for Danube Strategy Loom on Horizon

We see the Danube area as one of the largest European macro-regions, and our priorities are to improve accessibility, transport links and communications along the Danube, promote the efficient use of energy resources, and improve water quality, conservation of rich biodiversity as well as prevention and risk management," said Prime Minister Boyko Borisov

Far more specific was the Construction Minister Rosen Plevneliev. He explained that most efforts will be invested in the building of new bridges between Bulgaria and Romania. These are new facilities to be erected near Silistra-Calarasi and Oryahovo-Becket, and they can be built within the Danube strategy. It is not excluded that the Danube strategy may be the key to fulfilling a very difficult but important project for Bulgaria - the Hemus highway. " We have proposed the completion of the highway to be financed by the Danube strategy and hopefully in March the European Commission will respond positively to our request. At all forums and meetings in Brussels, we have defended our thesis that the highway should be included in the EU funding, since it is to link three EU capitals - Bucharest, Sofia and Athens," said Mr. Plevneliev.

Link: http://www.banker.bg/?Issue=907&Section=51&Category=7&Article=43013

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