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Oktober 20, 2010

Der Türkei-Besuch des Bundespräsidenten Christian Wullf aus der Perspektive "Germany is going global!"

Der Türkei-Besuch des Bundespräsidenten Christian Wulff findet riesige Resonanz und Brisanz in der deutschen Gesellschaft. Die Integration der in Deutschland lebenden Türken ist das meistdiskutierte innenpolitische Thema seit Thilo Sarrazin sein Buch "Deutschland schafft sich ab" vorstellte. Talkshows, Print- und Internetmedien wie auch der normale Bürger in der Eckkneipe beschäftigen sich mit dem Thema Integration. So auch der Türkei-Besuch des Bundespräsidenten steht voll im Lichte dieser Diskussion.

Reichstagsgebäude: Deutscher Bundestag. Foto: Hr. Hrisoskulov. All Rights reserved!
Nehmen wir aber an, dass sich die außenpolitische Debatte Deutschlands derzeit irgendwo zwischen China und Sitz im Sicherheitsrat bewegt, so bekommt der Besuch des Bundespräsidenten in der Türkei eine ganz andere außenpolitische Bedeutung. Denn Christian Wulff, neben dem Thema Integration, auch andere wichtige außenpolitisch relevante Bereiche anspricht: Türkeis Beitritt zur Europäischen Union, die neuen Bedrohungen in der Welt wie auch sicherheitspolitische Aspekte.
In seinem Interview für die türkische Zeitung "Hürriyet" und in seiner Rede vor der Großen Nationalversammlung in Ankara hebt Christian Wulff diese drei Aspekte hervor:
  • EU-Beitritt der Türkei
Deutschland hat großes Interesse, dass die Türkei ihren Kurs nach Europa fortsetzt. Ich wünsche mir eine Türkei, die ihre Verfassungs-, Rechts- und Wirtschaftsordnung immer weiter auf europäische Standards bringt und so europäischen Investoren Rechtssicherheit und gute Rahmenbedingungen für ein dynamisches Wachstum bietet. Eine auf diese Weise politisch und wirtschaftlich in Europa verankerte Türkei, die gleichzeitig ihre Möglichkeiten zur Kooperation mit ihren sonstigen engeren und weiteren Nachbarstaaten nutzt, ist für Europa und für Deutschland ein großer Gewinn. (Interview)
Deutschland hat ein besonderes Interesse an einer Anbindung der Türkei an die Europäische Union. (Rede)
  • neue Bedrohungen in der Welt
Heute sehen wir uns den Bedrohungen des 21. Jahrhunderts gegenüber, etwa dem Terrorismus, asymmetrischen Bedrohungen durch militante extremistische Gruppen sowie der Proliferation von Nuklearwaffen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen wir vertrauensvoll gemeinsam handeln. (Rede)
  • Sicherheit
Das Thema Sicherheit kann in drei weitere Aspekte unterteilt werden: der Südkaukasus und Zentralasien, der Nahe Osten und Iran. All das sind Regionen, die von besonderer Bedeutung für Deutschland sind. Es geht um die sichere Energieversorgung Deutschlands und der EU, um Regionen mit immensem Konfliktpotenzial. 

  • Südkaukasus und Zentralasien
Aber die Türkei hat auch vielfältige, auf einer langen gemeinsamen Geschichte beruhende Bindungen in den Nahen und Mittleren Osten und nach Zentralasien. (Interview)
Mit Respekt und Sympathie betrachtet Deutschland die Schritte, die die Türkei unternimmt, um die Beziehungen zu ihren Nachbarn positiv zu gestalten. Für die Annäherung zwischen Ihrem Land und Armenien haben Sie unsere volle Unterstützung. Die Normalisierung der Beziehungen wäre ein Schritt in eine gemeinsame Zukunft - mit einer offenen Grenze, die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch ermöglicht, bei dem auch umstrittene Themen nicht mehr ausgeblendet werden. Dies wäre auch ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Region. Ich möchte Sie bitten und ermutigen, auf diesem Weg voranzuschreiten. (Rede)
  •  Naher Osten
Wir sind davon überzeugt, dass die Sicherheit Israels langfristig nur durch die Schaffung eines demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staates gewährleistet werden kann - eines Staates, der Seite an Seite in Frieden mit Israel existiert. Deshalb unterstützen wir bilateral und im Rahmen der Europäischen Union Präsident Abbas und Premierminister Fayyad beim Aufbau staatlicher Institutionen. Und wir setzen unsere Hoffnungen auf die laufenden Friedensgespräche. Beide Seiten müssen über ihren Schatten springen, um den Verhandlungen zum Erfolg zu verhelfen. Wir alle sollten dabei unsere konstruktive Hilfe leisten. (Rede)
  • Iran
Ihr Land sieht sich in besonderer Weise den Ambitionen Irans im Nuklearbereich gegenüber. Unsere Zweifel am ausschließlich friedlichen Charakter des Programms bestehen fort. Wir teilen Ihre Sorge, dass es zu einem nuklearen Wettlauf im Nahen und Mittleren Osten kommt, wenn wir hier nicht rechtzeitig Einhalt gebieten. Wir arbeiten aktiv mit unseren Partnern im E3+3-Kreis an einer diplomatischen Lösung. Gleichzeitig müssen wir aber auch deutlich machen, dass es nun an Iran ist, Bewegung zu zeigen. (Rede)
In seinem Unterfangen ist Deutschland auf die Hilfe anderer Staaten angewiesen. Nur mit zuverlässigen Partnern in wichtigen Regionen der Weltpolitik lässt sich eine effizinte globale Politik betreiben. 
www.tips-fb.com

Auf der Suche nach Demokratie im Osten EU-Europas...

Nach der vollzogenen Osterweiterung in den Jahren 2004 und 2007 wie auch nach der Gründung der Europäischen Nachbarschaftspolitik im Jahr 2004 und der Östlichen Partnerschaft im Jahr 2009 befindet sich die Europäische Union in einer vollkommen neuen Umgebung, welche die EU vor neuen Herausforderungen stellt: kollektive Sicherheit, wirtschaftliche und soziale Kooperation und Demokratisierung. Die jahrelange Kooperation mit den Nachbarstaaten auf allen Ebenen stellt eine Intensivierung des Annäherungsprozesses und des Dialogs zwischen der EU, den EU-Mitgliedsstaaten und den Nachbarstaaten dar. 

Im Prozess der Demokratisierung der unmittelbaren Nachbarschaft übernimmt die Europäische Kommission eine Führungsrolle. Dieses dient dazu, die Demokratiekonsolidierung der Partnerstaaten als langfristiges Endziel voranzutreiben. Somit steht die EU als attraktives Modell für Demokratie und Achtung der Menschenrechte in der Nachbarschaft ohne den Einsatz machtpolitischer Instrumente.

Die politischen Verhältnisse in den neuen Nachbarstaaten, nämlich in der Schwarzmeerregion und Zentralasien, unterscheiden sich beachtlich von denen in den neuen EU-Mitgliedsstaaten. Mit Ausnahme der Ukraine gelten alle Nachbarstaaten entweder als teilweise frei oder nicht frei. In die Wertung von Freedom House gehen die politischen Rechte und die Bürgerrechte eines jeweiligen Landes einher.
 
Demokratierating 2010. Datenquelle: www.freedomhouse.org
Das Projekt Europäische Integration brachte auf dem europäischen Kontinent einen komplett neuen Zustand hervor, den alle Friedensverträge in den vergangenen Jahrzehnten nicht herstellen konnten: Frieden, Stabilität und Sicherheit. Die Gemeinschaft hatte ihren Erfolg – Förderung von Demokratie und Achtung der Menschenrechte – nach außen und vor allem in der unmittelbaren Nachbarschaft stetig mit jeder Überarbeitung der bestehenden Verträge externalisiert und weitestgehend verstärkt.

Vielmehr fordert die EU alle beteiligten Ebenen in den Nachbarstaaten auf, die Verantwortung für den von der EU eingeleiteten Demokratisierungsprozess selbst zu übernehmen. Demzufolge ruht eine verantwortungsbewusste Regierungsführung (good governance) auf folgende Prinzipien:
  • Transparenz  
Nach dem Prinzip der Transparenz verlangt das Recht der Gesellschaft, Zugang zu Information zu erhalten. Die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Medien und der Aufbau eines unabhängigen Rundfunks sind oberste Prioritäten für die EU zur Demokratisierung der unmittelbar angrenzenden Staaten.

Ein Blick auf den Index der Pressefreiheit der Reporter ohne Grenzen stellt die Unbeständigkeit junger Demokratien wie die Staaten in der Schwarzmeerregion und Zentralasiens dar. Und während sich nur drei Staaten im Ranking zum Vorjahr verbesserten, nämlich Moldau, Armenien und Russland, verloren all die anderen untersuchten Staaten ihren vorjährigen Platz. Dennoch befinden sich alle Staaten im unteren Teil der Tabelle.
 
Press Freedom Index 2010. Datenquelle: Reporters Without Borders
  • Übernahme von Verantwortung
In diesem Zusammenhang sollten internationale Standards bei Wahlen gewährleistet, die nationalen Parlamente und der Pluralismus gestärkt als auch Empfehlungen des Europarates, der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDIHR) und der OSZE berücksichtigt werden.

Die soziale, wirtschaftliche, politische und militärische Instabilität der Staaten in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU wie auch der Staaten Zentralasiens ist durch den Failed State Index dargestellt. Im Vergleich zu Deutschland steigt der Failed State Index bei den Staaten in der Nachbarschaft an, die ihre Staatsfunktionen nur noch beschränkt oder kaum noch erfüllen können. 

Failed States Index Scores 2010. Datenquelle: The Fund for Peace
  • effiziente Partizipation
Dabei sollen die Entwicklung der Zivilgesellschaft gefördert, die Rechte der Gewerkschaften erhalten, die Wahrung der Rechte nationaler Minderheiten und die Anstrengungen zur Gleichstellung von Mann und Frau sichergestellt wie auch die kommunale Selbstverwaltung gestärkt werden. 

Der Status-Index der Bertelsmann Stiftung zeigt jeweils die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Transformation in den jeweiligen Staaten. Von den untersuchten Staaten ist nur die Türkei als fortgeschritten eingestuft. Die Ukraine, Georgien, Moldau, Armenien und Russland sind in ihrer Transformation eingeschränkt. Die restlichen Staaten sind entweder stark eingeschränkt oder gescheitert und blockiert im Transformationsprozess. 

Status-Index 2010. Datenquelle: Bertelsmann Stiftung
Mit der Politik zu den östlichen Nachbarstaaten arbeitete die EU einen neuen Rahmen zum Aufbau und zur Entwicklung der Beziehungen zu den unmittelbar angrenzenden Nachbarstaaten aus. 

Ein wichtiger Aspekt für den Ausbau der Beziehungen zu den Nachbarstaaten ist die Möglichkeit, zusammen Sicherheitsprobleme zu begegnen, Umweltschutz zu betreiben und die Energieversorgung in Europa zu sichern. Weitere Aspekte sind die Zusammenarbeit in Bereichen der Wissenschaft, der Forschung, der Innovation und der Bildung. Wichtiger Bestandteil der Entwicklung der Beziehungen zu der unmittelbaren Nachbarschaft stellt die Bekämpfung der illegalen Immigration als Problem dar, das nicht nur relevant für die Staaten im Osten EU-Europas, sondern auch relevanter und sensibler Bereich innerhalb der erweiterten Union ist. 

In einer Befragung von Eurobarometer im Jahr 2007 äußerten sich die befragten EU-Bürger für die Ausweitung der Beziehungen in bestimmten Politikfeldern.


Ausbau der Beziehungen (sehr und ziemlich wichtig) in Bezug auf ausgewählte Politikfelder. Datenquelle: Eurobarometer, 2007
Dennoch, eine effiziente und erfolgreiche Demokratisierungspolitik kann die Europäische Union nur dann betreiben, wenn alle Akteure in der Nachbarschaft selbst die Verantwortung übernehmen und den Demokratiesierungsprozess im eigenen Land vorantreiben. Die nationalen Regierungen der Nachbarstaaten wie auch ihre Gesellschaften sind in der Pflicht zu nehmen, die ersten Schritte in der Demokratisierung ihres eigenen Landes einzuschlagen. In einem langwierigen, internen und externen Prozess findet die Transformation der Partnerstaaten statt.
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Oktober 17, 2010

Deutschland und der Osten Europas

Zum 1. Januar 2007 sind Bulgarien und Rumänien der Europäischen Union beigetreten. Die damit entstandene gemeinsame Grenze mit der Schwarzmeerregion und die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei im Oktober 2005 könnten zu einer noch engeren Nachbarschaft führen. Die EU-Programme und Initiativen in der Region  sind unterschiedlich: Hier kommen die Erweiterungspolitik, die strategische Partnerschaft mit Russland, bilaterale Abkommen mit einzelnen Staaten  im Rahmen der Nachbarschaftspolitik sowie der Kooperationsbestrebungen aller beteiligten Seiten zusammen. 

Zu diesem Zeitpunkt übernahm Deutschland die Ratspräsidentschaft der EU und wie erwartet ergriff die Initiative, das vielfältige wirtschaftliche, politische und soziale Potenzial des Schwarzmeerraums und Zentralasiens auszuloten. Gemeinsam mit der Kommission und weiteren EU-Partnern entwickelte Deutschland das Konzept der „Schwarzmeersynergie“ und der Zentralasienstrategie
  • Schwarzmeersynergie
Es entsteht ein neuer Rahmen für die nachbarschaftlichen Beziehungen, in dem die ENP-Staaten ihre außenpolitischen und wirtschaftlichen Prioritäten und Interessen verfolgen: in regionalen Projekten und Organisationen in Bereichen wie Sicherheit, Energie, Transport, Umwelt und Wirtschaft in verschiedenen Konstellationen und mit unterschiedlicher Verbindlichkeit.
  • Zentralasien
Bei der Zentralasienstrategie richtete die deutsche Ratspräsidentschaft ihre und damit auch die Aufmerksamkeit der EU auf eine völlig neue Region. Sichtbar wurde hier die Konvergenz deutscher und europäischer Interessen. Dabei setzte Deutschland seine diplomatische Erfahrung und Kompetenz in der Region ein: Als einziger EU-Staat verfügt Deutschland über diplomatische Vertretungen in allen zentralasiatischen Staaten. In der Vorbereitungsphase der deutschen Ratspräsidentschaft besuchte Frank-Walter Steinmeier als erster deutscher und EU-Außenminister die fünf Hauptstädte Zentralasiens. Dies deutet auf die starke diplomatische und politische Präsenz Deutschlands in einer Region hin, in der die EU im Vergleich zu den USA und Russland unterrepräsentiert ist.

Das heutige Engagement Deutschlands im östlichen Europa erklärt sich aus der historischen Verantwortung sowie seinen Erfahrungen während der Osterweiterung der EU. Die deutsche Ostpolitik pflegte auch traditionell einen besonderen Umgang mit Großmächten und insbesondere mit Moskau als ihrem Schwerpunkt. In den siebziger Jahren leitete die Ostpolitik Willy Brandts eine Periode der Kooperation zwischen Ost- und Westeuropa ein, die einen „Wandel durch Annäherung“ erreichen wollte. Diese Idee findet in einer geänderten Form, als „Annäherung durch Verflechtung“, bei der deutschen Präsidentschaft wieder. Russland „zur Kooperation zu ermutigen“, „eng an seiner Seite zu halten und seine Vernetzung mit Europa zu fördern“ waren die Leitsätze der deutschen Präsidentschaft.

Deutsche Ostpolitik


Seit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise nach der Pleite von Lehman Brothers im September 2008 definiert sich deutsche Außenpolitik neu. Krisenmaßnahmen wie "Kurzarbeit" und "Abwrackprämie" sind zum Exportschlager geworden und führten die Bundesrepublik sicher durch die weltweite Krise.

"Strotzend vor Export-Erfolg scheint das seit 20 Jahren wiedervereinigte Deutschland sich zu neuen globalen Ufern aufzumachen. Jedenfalls wächst das neue Deutschland sichtlich aus dem europäischen Haus heraus. Die alten Paradigmen bundesdeutscher Außenpolitik – europäische Integration und transatlantische Beziehungen sind zwei Seiten derselben Medaille – sind nicht nur verstaubt: Sie sind nicht mehr präsent in der außenpolitischen Debatte Deutschlands, die sich derzeit irgendwo zwischen China und Sitz im Sicherheitsrat bewegt." (Ulrike Guérot)

Eine Frage scheint berechtigt zu sein: Is Germany going global? Und eine berechtigte Antwort:

"This combination of economic revival and international clarity confirms that there is indeed, no German national “masterplan” - but there is a definite tendency towards what might be called “going global alone”. This leaves other European countries with a key choice - which is no longer a German problem, as many in Germany think that ultimately Germany can do its own business in the world. To be sure, this is more a policy by default than a strategic vision; and if it is probably good for Germany, it is not necessarily so for Europe. In short: Germany is outgrowing Europe!" (Ulrike Guérot)

Im Juli 2010 absolvierte Angela Merkel eine Auslandsreise nach Russland, China und Kasachstan. Die deutsche Kanzlerin begleiteten über 25 Wirtschaftsvertreter, darunter Siemens und Metro, und Kabinettsmitgliedern. Die abgegebenen Statements in Russland, China und Kasachstan bestätigen die These, dass diese Reise dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern dienen sollte, die weit über den Osten Europas hinausgehen.

In diesem Zusammenhang bleibt eine Frage offen: Ist der Osten Europas noch "attraktiv" genug? 
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