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Oktober 21, 2010

Paris-Berlin-Moskau und die deutsche Außenpolitik "Germany is going Global!"

Auch wenn die Bezeichnung "Paris-Berlin-Moskau" und vor allem "Berlin-Moskau" mit Sorge in einigen osteuropäischen Staaten, vor allem in Polen, in der Vergangenheit wahrgenommen wurde, als Deutschland und Russland sich über den Bau der North-Stream-Pipeline verständigten, ist eine engere Zusammenarbeit für Deutschland mit Russland und Frankreich in EUropa ohne jegliche Alternative.

Am 18. und 19. Oktober 2010 lud der französische Präsident Nicolas Sarkozy seine Amtskollegen aus Berlin, die Bundeskanzlerin Angela Merkel, und Moskau, den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, im normannischen Seebad Deauville ein. Wichtige Abstimmungen seien notwendig, denn viele bedeutende Gipfeltreffen stehen bevor: G20 in Seoul (Südkorea), NATO-Treffen in Lissabon (Portugal), OSZE-Konferenz in Astana (Kasachstan).

Und Abstimmungen sind dringend notwendig, denn wenn die Spielkarten in der globalen Politik neu verteilt werden und die Spielregeln fürs globale Regieren neu bestimmt werden, benötigen die EU-Staaten, vor allem Frankreich und Deutschland, noch engere Zusammenarbeit denn je.

Rückblickend:
  • Wirtschaft: Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise und des Schuldenkollaps in Griechenland sprach sich Deutschland   für eine automatische Verhängung von Sanktionen gegen Defizitsünder aus. Doch dann wandte sich der wichtigste Partner Deutschlands in der EU, Frankreich, gegen diesen Vorschlag. Unterstützung kam aus Spanien und anderen europäischen Staaten.
  • Sicherheit: Ende November 2009 präsentierte der russische Präsident Dmitri Medwedew seine Vorstellungen über einen "Europäischen Sicherheitsvertrag". Im Vertrag ist eine Sichreheitsarchitektur vorgesehen, an der alle Staaten und internationale Organisationen "from Vancouver to Vladivostok as well as by the following international organizations: the European Union, Organization for Security and Cooperation in Europe, Collective Security Treaty Organization, North Atlantic Treaty Organization and Community of Independent States" (Art. 10) teilnehmen können. Die klare Bekenntnis zu den Normen der Vereinten Nationen (Art. 2,7) wie auch der gleichberechtigen Sicherheit aller Staaten (Art. 1-3,9) stehen für eine multilaterale Zusammenarbeit, die wenig  Unterstützung in den EUropäischen Hauptstädten fand, vor allem in Berlin, Paris und Brüssel. Unstimmigkeiten gab es aber auch in Fragen der künftigen Partnerschaft Russland-NATO, des Raketenabwehrschirms, Iran und des Südkaukasus. 
In der Zeit nach Deauville soll es anders als bisher auf der Bühne der internationalen Politik ablaufen. Denn laut Angela Merkel sind Treffen in kleinen Kreisen für die Zukunft wichtig: "Hier kann man sehr offen und umfangreich miteinander bereden, wie wir international kooperieren".
  • Berlin bekommt Unterstützung aus Paris: Der Strafpakt für Defizitsünder in der Euro-Zone bekommt einen neuen Verfechter. In Paris fand die Bundeskanzlerin politische Unterstützung für EU-Vertragsänderungen und die Einführung politischer Sanktionen gegen Defizitsünder. Diese Sanktionen sollen die Mitgliedstaaten selbst mit qualifizierter Mehrheit und nicht die EU-Kommission beschließen. Desweiteren einigten sich Merkel und Sarkozy, den derzeitigen Rettungsschirm für Griechenland und den gesamten Euro-Raum nicht über 2013 hinaus zu verlängern, sondern nach neuen Mechanismen mit Beteiligung privater Gläubiger zu suchen, die künftige Krisen auffangen, so Spiegel Online.        
Bahnbrecher Richtung Süden

Die deutsch-französische Führung in der EU bekommt klarere Linien. Berlin und Paris wissen allzu gut, dass zwei entgegengesetzte Richtungen zu keinen wichtigen Ergebnissen führen. Und Berlin braucht mehr denn je Unterstützung aus Paris, sonst droht das Auseinanderdriften beider Länder. Deutschland befindet sich im Moment auf der wirtschaftlichen Überholspur und die deutsche Wirtschaft wächst rasant (2010 um 3,5% und 2011 um 2%). Dafür sieht Deutschland einen stabilen Euro-Raum als unentbehrlich an. Und der geeignete Partner kann nur Paris gefunden werden, der die Beziehungen Nord-Süd aufrechterhalten sollte.
  • Berlin und Paris einig über die Rolle Moskaus: Bundeskanzlerin Merkel und Staatspräsident Sarkozy waren sich einig, dass Russland DER strategische Partner der erweiterten EU und NATO auf dem eurasischen Kontinent ist. Eine enge Zusammenarbeit mit Moskau soll darauf gerichtet sein, sicherheitspolitische, wirtschaftliche und modernisierungstechnische Ergebnisse zu erzielen.    
Bahnbrecher Richtung Osten

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen wählte die Bundesrepublik für 2011 und 2012 zu einem der nicht ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates. Und auch wenn sich  Implikationen für den Europäischen Integrationsprozess dahinter verbergen, denn Portugal kandidierte ebenfalls, darf Deutschland globale Politik betreiben, so die Süddeutsche Zeitung. Themen wie Energie, Zentralasien, Iranpolitik, Afghanistan und Irak bekommen eine andere Note für die Bundesrepublik. Zudem verzeichnet die deutsche Wirtschaft einen noch nie gesehenen Boom im Warenaustausch mit China. So erscheint es notwendig, Russland fürs globale Regieren ins Boot zu holen. Denn vor allem Iranpolitik und Energiesicherheit können nur dann  mit  Erfolg geführt werden, wenn Russland mitzieht.

Daher ist es nicht von Bedeutung, ob sich Deutschland von "tipping-point zwischen West und Ost während des Kalten Krieges zu tipping-point für die wirtschaftliche Re-orientierung der Europäischen Union" verwandelte. Vielmehr ist es wichtig, dass Deutschland Frankreich als tipping-point zwischen Nord und Süd und Russland als tipping-point zwischen West und Ost mehr denn je benötigt.



www.tips-fb.com

Oktober 17, 2010

Deutschland und der Osten Europas

Zum 1. Januar 2007 sind Bulgarien und Rumänien der Europäischen Union beigetreten. Die damit entstandene gemeinsame Grenze mit der Schwarzmeerregion und die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei im Oktober 2005 könnten zu einer noch engeren Nachbarschaft führen. Die EU-Programme und Initiativen in der Region  sind unterschiedlich: Hier kommen die Erweiterungspolitik, die strategische Partnerschaft mit Russland, bilaterale Abkommen mit einzelnen Staaten  im Rahmen der Nachbarschaftspolitik sowie der Kooperationsbestrebungen aller beteiligten Seiten zusammen. 

Zu diesem Zeitpunkt übernahm Deutschland die Ratspräsidentschaft der EU und wie erwartet ergriff die Initiative, das vielfältige wirtschaftliche, politische und soziale Potenzial des Schwarzmeerraums und Zentralasiens auszuloten. Gemeinsam mit der Kommission und weiteren EU-Partnern entwickelte Deutschland das Konzept der „Schwarzmeersynergie“ und der Zentralasienstrategie
  • Schwarzmeersynergie
Es entsteht ein neuer Rahmen für die nachbarschaftlichen Beziehungen, in dem die ENP-Staaten ihre außenpolitischen und wirtschaftlichen Prioritäten und Interessen verfolgen: in regionalen Projekten und Organisationen in Bereichen wie Sicherheit, Energie, Transport, Umwelt und Wirtschaft in verschiedenen Konstellationen und mit unterschiedlicher Verbindlichkeit.
  • Zentralasien
Bei der Zentralasienstrategie richtete die deutsche Ratspräsidentschaft ihre und damit auch die Aufmerksamkeit der EU auf eine völlig neue Region. Sichtbar wurde hier die Konvergenz deutscher und europäischer Interessen. Dabei setzte Deutschland seine diplomatische Erfahrung und Kompetenz in der Region ein: Als einziger EU-Staat verfügt Deutschland über diplomatische Vertretungen in allen zentralasiatischen Staaten. In der Vorbereitungsphase der deutschen Ratspräsidentschaft besuchte Frank-Walter Steinmeier als erster deutscher und EU-Außenminister die fünf Hauptstädte Zentralasiens. Dies deutet auf die starke diplomatische und politische Präsenz Deutschlands in einer Region hin, in der die EU im Vergleich zu den USA und Russland unterrepräsentiert ist.

Das heutige Engagement Deutschlands im östlichen Europa erklärt sich aus der historischen Verantwortung sowie seinen Erfahrungen während der Osterweiterung der EU. Die deutsche Ostpolitik pflegte auch traditionell einen besonderen Umgang mit Großmächten und insbesondere mit Moskau als ihrem Schwerpunkt. In den siebziger Jahren leitete die Ostpolitik Willy Brandts eine Periode der Kooperation zwischen Ost- und Westeuropa ein, die einen „Wandel durch Annäherung“ erreichen wollte. Diese Idee findet in einer geänderten Form, als „Annäherung durch Verflechtung“, bei der deutschen Präsidentschaft wieder. Russland „zur Kooperation zu ermutigen“, „eng an seiner Seite zu halten und seine Vernetzung mit Europa zu fördern“ waren die Leitsätze der deutschen Präsidentschaft.

Deutsche Ostpolitik


Seit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise nach der Pleite von Lehman Brothers im September 2008 definiert sich deutsche Außenpolitik neu. Krisenmaßnahmen wie "Kurzarbeit" und "Abwrackprämie" sind zum Exportschlager geworden und führten die Bundesrepublik sicher durch die weltweite Krise.

"Strotzend vor Export-Erfolg scheint das seit 20 Jahren wiedervereinigte Deutschland sich zu neuen globalen Ufern aufzumachen. Jedenfalls wächst das neue Deutschland sichtlich aus dem europäischen Haus heraus. Die alten Paradigmen bundesdeutscher Außenpolitik – europäische Integration und transatlantische Beziehungen sind zwei Seiten derselben Medaille – sind nicht nur verstaubt: Sie sind nicht mehr präsent in der außenpolitischen Debatte Deutschlands, die sich derzeit irgendwo zwischen China und Sitz im Sicherheitsrat bewegt." (Ulrike Guérot)

Eine Frage scheint berechtigt zu sein: Is Germany going global? Und eine berechtigte Antwort:

"This combination of economic revival and international clarity confirms that there is indeed, no German national “masterplan” - but there is a definite tendency towards what might be called “going global alone”. This leaves other European countries with a key choice - which is no longer a German problem, as many in Germany think that ultimately Germany can do its own business in the world. To be sure, this is more a policy by default than a strategic vision; and if it is probably good for Germany, it is not necessarily so for Europe. In short: Germany is outgrowing Europe!" (Ulrike Guérot)

Im Juli 2010 absolvierte Angela Merkel eine Auslandsreise nach Russland, China und Kasachstan. Die deutsche Kanzlerin begleiteten über 25 Wirtschaftsvertreter, darunter Siemens und Metro, und Kabinettsmitgliedern. Die abgegebenen Statements in Russland, China und Kasachstan bestätigen die These, dass diese Reise dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Ländern dienen sollte, die weit über den Osten Europas hinausgehen.

In diesem Zusammenhang bleibt eine Frage offen: Ist der Osten Europas noch "attraktiv" genug? 
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